azure ray -
hold on love

Orenda Fink und Maria Taylor sind wieder da. Es gibt also endlich neue Songs von umwerfender Schönheit, und neugierig fragt man sich, ob das musikalische Erschaffen des so eigenen Kosmos lediglich in den bekannten Gefilden voranschreitet oder ob vielleicht doch das Erkunden neuer Gegenden in den melancholischen Landschaften versucht wird.
Dem ersten Unterfangen könnte man nur schwer Einwände entgegenbringen, denn jede neue Songperle würde dankbar angenommen werden. Und gelänge dabei auch nur eine kleine Bereicherung der Zartheit ihrer Songs, das Aufdecken einer ungehörten Andeutung, man wäre zufrieden.
Die zweite Möglichkeit ist aber doch reizvoll. Das Potential, das die beiden bis dato offenbart haben, verlangt geradezu ein Ertasten der näheren Umgebung. Und räumlich haben Fink und Taylor schon mal damit begonnen.
Nachdem 2002 bereits ihre grandiose EP "November" bei Saddle Creek erschien, veröffentlichen die beiden nun das erste Album auf dem Label aus Omaha, Nebraska. Bei ihrem dritten Longplayer ist aber nicht nur der Abschied aus ihrer Heimatstadt Athens, Georgia bemerkenswert. Mit Verlassen des alten Labels Warm Records haben Fink und Taylor vor allem an Profil gewonnen und Erkunden mutig, aber mit bekannter Ruhe Neues. Die Instrumentierung ist etwas reicher, die Songs wirken sehr konsistent und haben doch nichts an ihrer Zerbrechlichkeit verloren. Die Melodien, die gerade auf ihrem Meisterstück "November" in den Bann ziehen konnten, sind auch hier einfach nur bezaubernd.
Das alles spricht nun absolut nicht gegen das kreative Umfeld beim feinen Warm-Label, denn der Umzug war in erster Linie dem Nachreisen zur musikalischen Peer-Group geschuldet. In Omaha residiert das Gros der Bezugspunkte von Azure Ray: Bright Eyes, The Faint und einige weitere Highlights aus dem Saddle Creek Programm. Ihr Producer Eric Bachmann unterhält hierher zudem enge Kontakte.
Und so scheint es, als hätte der Umzug zu ihren Seelenverwandten gehörig Bewegung in das kreative Schaffen der Zwei gebracht. "Hold On Love" hält einiges an Überraschungen bereit. Der Opener "The Devil's Feet" stimmt zunächst in bester Manier in die Welt von Azure Ray ein. Betörende Stimmen schweben über einem dezenten Klangteppich. Jedoch bahnen sich vorsichtig elektronische Effekte den Weg. Gleich im folgenden Song "New Resolution" wird man durch eine unerwartete und recht, nun ja, poppige Facette in den Bann gezogen. Auch "If You Fall" kommt für Azure Ray'sche Verhältnisse locker und beschwingt daher. "Sea Of Doubts" wogt im Walzer, doch die von Bachmann arrangierten Strings halten hier alles zusammen - bei "Nothing Like A Song" geraten sie dann allerdings eine Spur zu aufdringlich. Wenn diese Musik eines nicht verträgt, dann ist das die unnötige Gradwanderung zur triefenden Ballade.
Alles in allem ist es Orenda Fink und Maria Taylor erstmals gelungen, ein wirklich konsistentes Album einzuspielen. Die langjährige Zusammenarbeit mit Eric Bachmann hatte darauf gewiss Einfluss, und die Ausflüge in weniger dramatische und traurige Gefilde geben "Hold On Love" einen weiteren Schliff. Die beiden haben es also geschafft, in den wehmütigen und düsteren Landschaften hoffnungsvolle Ecken zu entdecken, die ihre Musik auch aufregender machen. Und da scheint die Neugier zu siegen: "Move on, move on/ it's like the clock is pacing/ the break of dawn and our hearts are racing."
Und das, was man an Azure Ray einfach lieben muss, die Essenz ihres Zaubers, haben Fink und Taylor aus den bisherigen Veröffentlichungen beibehalten: diese Stimmen, diese Stimmen...

[oj]

 

Year 2003
Label Saddle Creek
Cat.No. LBJ-54LP (LP) /
LBJ-54CD (CD)

Tracklisting
01. The Devil's Feet
02. New Resolution
03. We Are Mice
04. Look To Me
05. The Drinks We Drank Last Night
06. Across The Ocean
07. If You Fall
08. Sea Of Doubts
09. Dragonfly
10. Nothing Like A Song
11. These White Lights
Will Bend To Make Blue
12. Hold On Love

Standout Tracks
The Devil's Feet
Look To Me
Sea Of Doubts

Related Websites
Azure Ray:
http://www.azureraymusic.com/
Saddle Creek:
http://www.saddle-creek.com/
Warm:
http://thewarmsupercomputer.com/

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